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Lehre

SE Seminar: Soziales Bauen im Roten Wien (1919-1934)

Wahlseminar Kunstgeschichte, SS 2016
gemeinsam mit Dr.in Sabine Plakolm-Forsthuber

am Institut für Kunstgeschichte der Technischen Universität Wien

Mit der Ausrufung der 1. Republik und der sozialdemokratischen Wiener Stadtregierung 1919 wurden nach dem 1. Weltkrieg wichtige Bauaufgaben realisiert. Die größte Herausforderung war die Lösung der Wohnungsnot. Vorerst wurden noch Siedlungen mit Kleingärten zur Eigenversorgung gefördert, genossenschaftliche Siedlungsprojekte (A. Loss, J. Frank, M. Schütte-Lihotzky etc.), die bald durch die großen Wohnblocks (¿Superblocks¿) mit Wohnfolgeeinrichtungen (Zentralbäder und -wäschereien, Kindergärten, Ambulatorien, Mutterberatungsstellen, Büchereien, Geschäfte etc.) abgelöst wurden. Ziel war es, der Arbeiterschaft hygienische und leistbare Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Aber auch andere bedeutende neue Bauaufgaben wurden von der sozialdemokratischen Stadtregierung angegangen: Arbeitsämter, Arbeiterheime, Arbeiterkrankenkassen, Krankenhäuser, Ambulatorien, Kinderübernahmestellen, Schulen, Ledigenheime, Krematorium, Industriebauten, Festbauten, Bäder, Freibäder, Kinderfreibäder, Sportbauten, Festkultur, Versteigerungsanstalten, Freiräume und Parks etc.

Im Seminar wollen wir uns mit dem gesellschaftspolitischen Phänomen des Roten Wien auseinandersetzen, seinem politisch motivierten Zugang zum Bauen und den sozio-ökonomischen Voraussetzungen. Am Beispiel unterschiedlicher Bauaufgaben soll die damit verbundene Ideologie offengelegt werden. Unser Interesse gilt auch den Akteuren, den Architekten und auch den ersten Architektinnen, die aus ganz unterschiedlichen Architekturbewegungen kamen.

Um das Seminar möglichst praxisnah zu gestalten werden wir einige Exkursionen in Wien anbieten, wo wir verschiedene Bauten gemeinsam besuchen werden, um Ihnen einen optimalen Input für Ihre wissenschaftliche Wahlseminararbeit zu bieten. Bei den Exkursionen sind jeweils Kurzreferate zu halten.

SE Seminar: Schulen bauen. Wiener Schulbau von 1860 bis heute

Wahlseminar Kunstgeschichte, WS 2016/2017
gemeinsam mit Dr.in Sabine Plakolm-Forsthuber

am Institut für Kunstgeschichte der Technischen Univerität Wien

Thema des Wahlseminars Kunstgeschichte ist der Wiener Schulbau von 1860 bis heute. Der Bogen spannt sich dabei von der Errichtung der neben der TU gelegenen Evangelischen Schule von Theophil Hansen (1860) bis zu dem Bildungscampus "aspern Die Seestadt Wiens" von Thomas Zinterl mit ZT Arquitectos (2015), der maßgeblich durch das Wiener Campusmodell bestimmt wird.

Anhand verschiedener Zeitschnitte wollen wir die unterschiedlichen gesellschaftlichen, politischen Bedingungen und pädagogischen Prinzipien, in denen die Bildungsbauten entstanden sind, analysieren. Auch wenn mit dem 1869 eingeführten Reichsvolksschulgesetz die Bildung endgültig dem Staat überantwortet wurde, wirkt die typologische Herkunft des Schulbaus aus der Klosterarchitektur noch lange nach (Akademisches Gymnasium, 1010 Wien, Friedrich Schmidt, 1866). Neben der kritischen Betrachtung der sog. Schulkaserne interessieren uns die Auswirkungen der Wiener Moderne und Reformpädagogik auf den Schulbau. Von großer Bedeutung ist die von Otto Glöckel eingeleitete sozialgerechte Schulreform in der Ersten Republik, die auf demokratischen Grundsätzen und kindergerechtem Unterricht basierte (Schule Natorpgasse, 1220 Wien, Karl Schartelmüller, 1930). Der Bauboom von Schulen in der Nachkriegszeit folgt hingegen ganz anderen Typologien, häufig findet man eingeschossige Flachbauten (Schulen von Roland Rainer) oder den Pavillonbau im Umkreis der neu errichten großen Stadtrandsiedlungen. Aber auch experimentelle Bauten, wie die Freiluftschule von Wilhelm Schütte (Sonderschule Franklinstraße, 1210 Wien, 1959-61) werden errichtet und neue Konzepte erprobt (Atrium- und Hallenschule). Infolge der zweiten Schulreform in den 1970/80er Jahren und der zunehmenden Erfordernis der Ganztagesbetreuung erfuhr der Schulbau eine inhaltliche Neupositionierung und typologische Erweiterung (VS Köhlergasse, 1180 Wien, Hans Hollein, 1984-1990).

Die 1990er Jahre kennzeichnen eine Vielfalt von gestalterischen Ausprägungen und den Einsatz neuer Materialien, wie z.B. Glas-Stahlkonstruktion (Schule Kinkplatz, 1140 Wien, Helmut Richter, 1994). Nicht selten übernehmen Schulen in großen Wohnquartieren als gesellschaftsrelevante Zentren städtebauliche Funktionen (Bildungscampus Sonnwendviertel, PPAG architects, 2014). Innovative Ansätze brachte das Wiener Schulbauprogramm 2000. Neue pädagogische Prinzipien, die zum Wiener Campusmodell (ab 2009) führten werden ebenso thematisiert wie erfolgreiche Schulsanierungen, Zubauten und Umbauten.

Ziel des Wahlseminars ist es, einen Überblick über die bautyplogische und architekturhistorische Entwicklung des Wiener Schulbaus vor dem Hintergrund internationaler Entwicklungen zu vermitteln. Jede/r TeilnehmerIn hat eine methodisch einwandfreie, wissenschaftliche Arbeit über einen Wiener Schulbau zu verfassen, der eine architekturhistorische Analyse und eine bautypologische Kontextualisierung zum Thema hat.

Im Rahmen des Seminars werden wir ein interessantes Vortrags- und Exkursionsprogramm zu Schulen aus unterschiedlichen Zeiten anbieten. Von den TeilnehmerInnen sind vor Ort Kurzreferate zu halten und Hand-outs auszuarbeiten