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Lehre

SE Seminar: Architektur & Bildung. Wiener Schulbau von 1860 bis 2000

Kunstgeschichte (nst./zeu.K.), WS 2023/24
gemeinsam mit Ao.Univ.Prof.in Dr.in Sabine Plakolm-Forsthuber

am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien

Thema des Seminars Kunstgeschichte ist der Wiener Schulbau von 1860 bis 2000. Der Bogen spannt sich dabei von der Errichtung der Evangelischen Schule von Theophil Hansen (1860) bis zum Modell "Campus plus" (Bildungscampus+ Friedrich Fexer, Attemsgasse, 1220 Wien, querkraft Architekten, 2017).

Anhand verschiedener Zeitschnitte wollen wir die unterschiedlichen gesellschaftlichen, politischen Bedingungen und pädagogischen Prinzipien, in denen die Bildungsbauten entstanden sind, analysieren. Auch wenn mit dem 1869 eingeführten Reichsvolksschulgesetz die Bildung endgültig dem Staat überantwortet wurde, wirkt die typologische Herkunft des Schulbaus aus der Klosterarchitektur noch lange nach (Akademisches Gymnasium, 1010 Wien, Friedrich Schmidt, 1866). Neben der kritischen Betrachtung der sog. Schulkaserne interessieren uns die Auswirkungen der Wiener Moderne und Reformpädagogik auf den Schulbau. Von großer Bedeutung ist die von Otto Glöckel eingeleitete sozialgerechte Schulreform in der Ersten Republik, die auf demokratischen Grundsätzen und kindergerechtem Unterricht basierte (Schule Natorpgasse, 1220 Wien, Karl Schartelmüller, 1930).

Der Bauboom von Schulen in der Nachkriegszeit folgt hingegen ganz anderen Typologien, häufig findet man eingeschossige Flachbauten (Schulen von Roland Rainer) oder den Pavillonbau im Umkreis der neu errichten großen Stadtrandsiedlungen. Aber auch experimentelle Bauten, wie die Freiluftschule von Wilhelm Schütte (Sonderschule Franklinstraße, 1210 Wien, 1959-61) werden errichtet und neue Konzepte erprobt (Atrium- und Hallenschule). Infolge der zweiten Schulreform in den 1970/80er Jahren und der zunehmenden Erfordernis der Ganztagesbetreuung erfuhr der Schulbau eine inhaltliche Neupositionierung und typologische Erweiterung (VS Köhlergasse, 1180 Wien, Hans Hollein, 1984-1990).

Die 1990er Jahre kennzeichnen eine Vielfalt von gestalterischen Ausprägungen und den Einsatz neuer Materialien, wie z. B. großflächige Glas-Stahlkonstruktion. Unter dem Label "Wiener Schulbauprogramm 2000" startete die Stadt Wien eine neue Initiative im Bildungsbau, die u.a. von städtebaulichen und architektonischen Prämissen bestimmt waren. Neue Schulbauten wie die VS Fuchsröhrenstraße 25, 1110 Wien (1991-1994) von Hermann Czech aber auch die Hauptschule Kinkplatz 21, 1140 Wien (1992-1994) von Helmut Richter entstanden und werden ebenso thematisiert wie erfolgreiche Schulsanierungen, Zu- und Umbauten.

SE Seminar: Bäderarchitektur in Österreich im 19. und 20. Jahrhundert

Wahlseminar Kunstgeschichte, SS 2023
gemeinsam mit Ao.Univ.Prof.in Dr.in Sabine Plakolm-Forsthuber

am Institut für Kunstgeschichte an der Universität Wien

Inhalt:
Das Baden ausschließlich zum Vergnügen hat eine relativ junge Geschichte. Der Ursprung der neuzeitlichen Badearchitektur ist einerseits eng mit der Geschichte der Hygiene und Medizin, andererseits mit dem Militär verbunden. Im 19. Jahrhundert erkannte man, dass das regelmäßige Baden die Ausbreitung ansteckender Krankheiten unterbindet, weshalb in den Städten die ersten Volksbäder und Badeschiffe entstanden. In den Militärschwimmschulen wurde den Soldaten Schwimmunterricht erteilt. Der gesundheitliche Aspekt führte ab der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zur Errichtung erster Schwimmhallen.

Im Seminar wollen wir uns auch mit den Strom- und Flussbädern entlang der Donau oder am Kamp sowie mit den Kur- und Thermalbädern in den Kurorten im Süden von Wien befassen, die eng mit dem Aufkommen der Sommerfrische verbunden sind. Die Aktualität des Themas zeigt sich auch darin, dass die Stadt Baden 2021 als eine von 11 Kurstädten in sieben europäischen Ländern unter dem Titel „The Great Spa Towns of Europe“ als transnationale, serielle Welterbestätte in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen wurde.

Die neu entdeckte und wachsende Freizeitkultur führte zum Bau zahlreicher Strandbäder an den österreichischen Seen, die mit interessanten hölzernen Badeanlagen ausgestattet wurden.

Einen Auftrieb erfuhr die Badekultur im Roten Wien während der Zwischenkriegszeit, wo neben den Kinderfreibädern in den Arbeiterbezirken auch große Freibäder oder Hallenbäder errichtet wurden. Die modernen Anlagen hatten nun auch dem aufkommenden „Schwimmsport“ mit entsprechend langen Becken und Sprungtürmen Genüge zu leisten und wurden zu beliebten Verweilorten einer sinnvollen Freizeitgestaltung und der Regeneration.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Bau von Schwimm- und Freibädern ein zentrales Thema des Wiederaufbaus. Das zeigt sich z.B. in dem kurz nach Kriegsende ausgeschriebenen Wettbewerb zur Wiedererrichtung des Gänsehäufels (1947-59), aber auch in der Errichtung von zahlreichen Hallenbädern in Österreich. Spannende Innovationen wie die Felsentherme in Bad Gastein (1968) sollen ebenso thematisiert werden wie die vielen Schwimmhallen des Bäderexperten Friedrich Florian Grünberger, der ab den 1960er Jahren für Wien ein einheitliches Bäderkonzept entwickelte. Dieses Konzept wirkte bis in die 1970er Jahre nach.

Ziel des Seminars ist es, die architekturhistorische und gesellschaftspolitische Bedeutung der Bäder Österreichs im 19. und 20. Jahrhundert zu erforschen, die unterschiedlichen Typologien der Bäderarchitektur zu erfassen und innerhalb der österreichischen sowie der internationalen Architekturgeschichte zu kontextualisieren.